5. August 2006

Intensitätsgemeinschaften - Terrorismus und Avantgarde

Die Beziehungen zwischen Kunst und Terrorismus sind für die modernen Kultur- und Literaturwissenschaften ein Randthema. Seit Albert Camus’ außerordentlich populärem Buch Der Mensch in der Revolte (dt. 1953) wurde über die moderne und oftmals verblüffende Nähe wenig Neues publiziert. Erst nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begann man, diese
Beziehungen wieder stärker wahrzunehmen. Vor allem Paul Berman (Terror und Liberalismus, dt. 2004) rekonstruierte – in Anschluss an Camus – öffentlichkeitswirksam die Gewaltlust moderner Kunst und Kultur: von Victor Hugo über Charles Baudelaire (»Der wahre Heilige ist der Mensch, der die Menschen zum Wohl des Volkes peitscht und tötet«), Dostojewski, André Breton bis zu Gegenwartsautoren wie Norman Mailer. Camus und Berman ging es dabei nicht um Literaturwissenschaft oder die persönliche Nähe einzelner Künstler zum Terror. Sie registrierten einen merkwürdigen modernen »Nihilismus« und »Totalitarismus«, der Rebellion, Mord und Selbstmord ununterscheidbar mache – und (laut Berman) inzwischen auch eine islamistische Variante herausgebildet hat. Ansonsten fehlt es an systematischeren Analysen: Die literatur- und vor allem medienwissenschaftliche Entdeckung des Themas Terrorismus steht noch aus ... (IASL-Online) (weiter)