Anfang 2004 standen plötzlich die Videoaufnahmen von der Enthauptung des Amerikaners Nicholas Berg (im Irak) im Internet und gingen dann in die Berichterstattung der Massenmedien ein. Auch das ZDF nahm sich des Themas an, sehr vorsichtig und ausgewählt. Man verzichtete auf besonders brutale Ausschnitte, reduzierte das anonym hergestellte Video auf ein Standbild – und vergaß den Ton. Hinter der erklärenden Reporterstimme und den ausgewählten Standbildern waren die Schmerzenslaute original zu hören. Sie wurden mitgesendet. Im vermeintlichen Bilder-Medium Fernsehen kam der Schrecken aus dem Ton.
Töne und Originaltöne, Klänge und Geräusche, Worte und Musik, kurz: das Akustische und das Orale sind überall – und sie sind von großer Kraft. In den frühen Gesellschaften wurde vor allem gesprochen und das Orale, das Mündliche spielte im Alltag und in der Kultur eine herausragende, verbindende Rolle; jedes Individuum war „durch psychoakustische Nabelschnüre … mit dem Gruppenklangkörper mehr oder weniger kontinuierlich verbunden“ (Peter Sloterdijk). Erst in den Gesellschaften der „Gutenberg-Galaxis“ (nach 1450) wurde der Stellenwert des Oralen nach und nach zurückgedrängt; die Bevorzugung von Buch, Zeitung und leisem Lesen begann. Lesen und Schreiben wurden seit der Einführung der Schulpflicht in den Schulen gelehrt, das Hören nicht. Das Hören wurde in den modernen Gesellschaften deshalb zu einer eher vernachlässigbaren Sinnestätigkeit. Man hörte quasi naturwüchsig, ohne Hör-Alphabetisierung.
Der 1923 in Deutschland gestartete Hörfunk konnte diese Bevorzugung der Schrift nicht wirklich verändern. Das Radio mit seiner sekundären Oralität war flüchtig und die Programme waren lange nicht aufzuzeichnen; der Hörfunk wirkte eher indirekt durch seine Sprechstile auf die Hörer, ihr Hören und vielleicht sogar auf die Gemeinschaftsbildung. „Die Gemeinschaft“, so hielt der kanadische Klangforscher Murray Schafer fest, „die vorher durch ihre Glocke oder den Tempelgong definiert worden war, wurde jetzt … " (politik und kultur. Zeitung des Deutschen Kulturrates) (weiter)
Töne und Originaltöne, Klänge und Geräusche, Worte und Musik, kurz: das Akustische und das Orale sind überall – und sie sind von großer Kraft. In den frühen Gesellschaften wurde vor allem gesprochen und das Orale, das Mündliche spielte im Alltag und in der Kultur eine herausragende, verbindende Rolle; jedes Individuum war „durch psychoakustische Nabelschnüre … mit dem Gruppenklangkörper mehr oder weniger kontinuierlich verbunden“ (Peter Sloterdijk). Erst in den Gesellschaften der „Gutenberg-Galaxis“ (nach 1450) wurde der Stellenwert des Oralen nach und nach zurückgedrängt; die Bevorzugung von Buch, Zeitung und leisem Lesen begann. Lesen und Schreiben wurden seit der Einführung der Schulpflicht in den Schulen gelehrt, das Hören nicht. Das Hören wurde in den modernen Gesellschaften deshalb zu einer eher vernachlässigbaren Sinnestätigkeit. Man hörte quasi naturwüchsig, ohne Hör-Alphabetisierung.
Der 1923 in Deutschland gestartete Hörfunk konnte diese Bevorzugung der Schrift nicht wirklich verändern. Das Radio mit seiner sekundären Oralität war flüchtig und die Programme waren lange nicht aufzuzeichnen; der Hörfunk wirkte eher indirekt durch seine Sprechstile auf die Hörer, ihr Hören und vielleicht sogar auf die Gemeinschaftsbildung. „Die Gemeinschaft“, so hielt der kanadische Klangforscher Murray Schafer fest, „die vorher durch ihre Glocke oder den Tempelgong definiert worden war, wurde jetzt … " (politik und kultur. Zeitung des Deutschen Kulturrates) (weiter)